Südamerika
Aconcagua
2004/2005

 

Morgens um 8 geht es los. Gut gelaunt werden Carmen, Reini, Vladimir und ich von Christian nach Stuttgart zum Flughafen gebracht. Auf dem Flughafen treffen wir Jacky, Egins Sohn, der uns Gepäck für seine Eltern, die schon in Argentinien sind, mitgeben soll. Noch immer guter Dinge machen wir ausgelassen noch ein paar Gruppenfotos, aber das Unheil lässt nicht lange auf sich warten. Als wir mit dem ganzen Gepäck (5 Seesäcke und 4 große Rucksäcke) einchecken wollen, können wir uns nicht so recht einig werden, wem denn nun Egins mitgebrachtes Gepäck gehört. Die „freundliche“ Dame von Delta kriegt das spitz und mischt sich in die Diskussion ein. Das war’s: Das Gepäck gehört jemandem, der gar nicht anwesend ist, da spielt die Fluggesellschaft nicht mit. Könnte ja eine von Egins Unterhosen oder seine Bergstiefel in Flammen aufgehen und 200 Menschen in den Tod reißen. Diskussionen hin oder her, das zusätzliche Gepäck muss per Luftfracht (sauteuer) nachgeschickt werden. Für uns bedeutet das einen Tag Verlust. Als ob das noch nicht genug wäre: Vladimir als russischer Staatsbürger braucht für unsere 6 Stunden Aufenthalt in Atlanta ein Visum für die USA, das er natürlich nicht besitzt. Hat wohl den Vermerk „for all countries“ in seinem Pass zu wörtlich genommen. Ein Visum ist frühestens am 1. Januar zu bekommen. Die Reise ist für ihn schneller zu Ende als sie begonnen hat – verrückte Welt. Diverse Kleinigkeiten - wie alles auspacken, weil Wunderkerzen in Carmens Seesack und 2 Zippos verschenken, weil neuerdings nicht mehr erlaubt und ein Taschenmesser in die Tonne hauen, weil in der Jackentasche vergessen - können uns jetzt den Spaß nicht mehr verderben. Es geht endlich los. 10 Stunden Flug nach Atlanta, dort 6 Stunden Aufenthalt und noch einmal 9,5 Stunden Flug nach Santiago de Chile.

Santiago 21.12.2004, 22°C, wolkenlos

Schon beim Anflug haben wir einen Blick auf die Anden erhaschen können und gerätselt, welches denn nun der Aconcagua ist. Das ist gar nicht so leicht, stehen da doch einige Berge über 6000m in der Gegend rum. In Santiago geht alles glatt. Schnell kommen wir mit einem Taxi zu einer Art Jugendherberge in Downtown der 7 Millionen Metropole. Hier gibt es kostenloses Internet mit Webcam und endlich eine Dusche. Schnell klettert die Außentemperatur auf über 35° - zum Glück eine sehr trockene Hitze. Santiago ist schöner als ich es mir vorgestellt habe: Abwechselnd Gebäude aus der Jahrhundertwende und mondäne Wolkenkratzer von Banken und Versicherungen dominieren das Stadtbild. Dazwischen immer wieder schön angelegte und gepflegte Parks mit Springbrunnen, die mit ihrem exotischen Flair zum Verweilen einladen. Chile, ein Küstenstrich, im Schnitt 180km breit und 4500km von Nord nach Süd messend, ist beinahe doppelt so groß wie Deutschland, hat aber nur 14 Mio. Einwohner, wovon ca. die Hälfte in Santiago leben. Abends noch die Möglichkeiten der modernen Technik ausgelotet und mit dem 12000km entfernten Stoffel einen Videochat geführt. Beim Poolbillard mit einem Saudiarabier die Arabischkenntnisse noch mal aufgebessert.

Santiago 22.12.2004, 35°C, wolkenlos

Omar, unser Fahrer, ist pünktlich da. Wir fahren zum Cargo Terminal mit Sack und Pack, um das noch fehlende Gepäck abzuholen. Im Büro der Air France wird uns gesagt, dass wir ohne Frachtnummer nicht an den Rucksack herankommen. Also fahren wir wieder zurück ins Hotel und beschließen, noch eine Nacht zu bleiben. Nach viel Rumtelefoniererei haben wir endlich die Nummer. Nachmittags machen wir bei großer Hitze einen Spaziergang auf den 300m über Downtown thronenden Cerro San Cristobal mit der 22m hohen Statue der Jungfrau Maria. Wir nehmen die Diretissima durch Buschwerk und kommen so schnell auf den Gipfel, von wo aus man einen genialen Blick auf die gesamte Stadt hat. Wir warten den Sonnenuntergang ab und beobachten das Lichterspiel dieser Riesenmetropole. Der Rückweg durch noble Bezirke dauert noch 2 Stunden, so dass wir erst gegen Mitternacht zurück sind.

Santiago 23.12.2004, bald 40°C, wolkenlos

Ein Anruf bei Air France bestätigt uns, dass der Rucksack heute ankommt, aber wohl erst gegen 16 Uhr abholbereit ist. Also nutzen wir die Zeit und schauen uns die Kirche des heiligen Franziskus an, das älteste Gebäude der Stadt, 450 Jahre. Dann schwimmen wir in der dicht gedrängten Fußgängerzone mit bis zum Mercado Central mit Kathedrale. 14:30 Uhr holt uns Omar wieder ab und wir fahren erneut zum Cargo-Terminal. Der Rucksack ist tatsächlich da. Jetzt nur noch ein paar bürokratische Hürden nehmen und noch einmal 20 Dollar für einen Stempel (handling) und noch einmal 30 Dollar für storage latzen, hmm, der Flieger mit dem Gepäck ist doch erst vor 2 Stunden gelandet. Auch die Frage nach dem Chef hilft nicht, wir müssen zahlen, dafür haben wir endlich diese „Mochilla“. Vom Flughafen lassen wir uns gleich zum Busterminal bringen und kaufen uns Tickets (100$ für alle 3) für die 400km lange Andenüberquerung nach Mendoza. 18 Uhr steigen wir in einen Sprinter und es geht los. Erst durch karge Pampas, später durch das fruchtbare Ackerland des Valle Central. Hier sieht alles schon viel ärmlicher aus als in der Hauptstadt. Die Andenkette rückt immer Näher und die Steigung der Straße wird immer stärker. Gilt es doch den 3200m hoch gelegenen Paso de los Libertadores zu überwinden. Unser Sprinter hatte seine besten Jahre schon hinter sich, kämpft sich aber dann doch wacker die 30 Spitzkehren bis zur Passhöhe hoch. Die Berge ringsherum sind sehr karg und abweisend. Kurz vor der argentinischen Grenze können wir einen ersten Blick auf die Südwand des Aconcagua erhaschen. In der letzten Abendsonne sieht er sehr friedlich aus aber draußen geht ein heftiger und kalter Wind. An der Grenze gibt es wieder den üblichen Bürokratenkram und Gepäck durchsuchen, zum Glück hat der Zöllner ein Einsehen und wir müssen unsere mühsam gepackten Seesäcke nicht öffnen. Die letzten 200km gehen immer bergab. Gegen Mitternacht kommen wir in Mendoza an, für ein kleines Trinkgeld fährt uns der Fahrer in das Hotel, wo Egin und Karin wohnen. Wir laden alles aus, anschließend gehen wir essen und Unterhalten uns noch bis halb vier Uhr morgens, haben schließlich alle viel zu erzählen, Karin und Egin von ihrer Weltreise und wir von unserer Pleiten, Pech und Pannen.

24.12.2004 Mendoza, 30°C, wolkenlos

Nach einer miserablen Nacht - es war bullenheiß - müssen wir heute schon 9 Uhr los, also nichts mit Ausschlafen. Wir müssen heute noch einige Lebensmittel, die Karin und Egin noch nicht besorgt haben kaufen und anschließend das Permit holen. In der Ausgabestelle ist viel los, außerdem ist der Drucker ausgefallen und die Permits müssen alle von Hand ausgestellt werden. Es kann sich also nur um Stunden handeln. Erst um 13 Uhr ist jeder von uns 300$ los und hält einen Papierfetzen in der Hand, der ihn berechtigt 20 Tage im Parque Provincial Aconcagua zu verbringen und den höchsten Gipfel der westlichen Hemisphäre zu besteigen. Es geht los Richtung Puente del Inca. Dort haben wir den ganzen Campground Los Puquios für uns und die dazugehörige Hütte mit WC auch. Wir können uns also mit unserem gesamten Equipment ausbreiten und gemütlich für den Mulitransport packen. Die Packerei nimmt den ganzen Nachmittag und frühen Abend in Anspruch. Anschließend gehen wir zu Fuß ins 8 km entfernte Penitentes, wo wir zum Essen und zur Weihnachtsfeier in eine Berghütte (Cruz de Cana) eingeladen sind. Die Feier im Kreis der Familie, denen die Hütte gehört ist sehr angenehm. Es gibt viel Salat und lecker Barbecue. Erst spät in der Nacht kommen wir in unsere Schlafsäcke.

25.12.2004 Puente del Inca, 2850m, wolkenlos, 600hm rauf, 8km, 3 Stunden

Heute geht es nun endlich los. Am Parkeingang müssen wir mit unseren teuer erstandenen Permits einchecken. Jeder bekommt einen nummerierten Müllsack ausgehändigt, der tunlichst nach der Expedition voll wieder abgegeben werden sollte, ansonsten drohen 200$ Strafe. Unser Muligepäck (168Kg) haben wir bereits am Morgen aufgegeben. Wir haben Klamotten, Zelt, Kocher und Proviant für die nächsten 3 Tage, die wir zum Basislager unterwegs sein werden in den Rucksäcken, gut 20kg für jeden. Der Trek von Horcones, dem Parkeingang auf 2850m bis Confluencia dem 1. Zwischenlager auf 3300m ist schnell bewältigt. 3 Stunden gehen wir durch das untere Horconestal, die meiste Zeit die Imposante Südwand des Aconcagua vor Augen. In Confluencia wird erst das Lager eingerichtet und nach dem Essen machen wir noch einen kleinen Abendspaziergang bis auf ca. 3500m. Wir fühlen uns alle sehr gut, noch hat keiner mit Höhenproblemen zu kämpfen.

26.12.2004 Confluencia, 3300m, wolkenlos, 950hm rauf, 950hm runter, 18km, 9,5 Stunden

Nach langem Ausschlafen steht heute eine Akklimatisationstour nach Plaza Francia, dem Basislager am Fuß der Südwand auf dem Programm. Rund 5,5 Stunden benötigen wir für die 950hm ins 4250m hoch gelegene Lager. Die meiste Zeit gehen wir entlang des wild zerklüfteten, von Staub und Schutt in allen Braun- und Grauschattierungen erscheinenden unteren Horcones Gletschers. Dahinter baut sich die 2800m hohe, mit Hängegletschern durchsetzte Südwand auf, ein grandioser Anblick, zumal auch eine große Eislawine in der Wand abgeht. Kaum zu fassen, dass durch dies Wand einige Routen gehen, die jedoch nur sehr erfahrenen Alpinisten zugänglich sind.
Die Höhe macht uns keine Schwierigkeiten, ein gutes Zeichen. Nach 4 Stunden kommen wir wieder in Confluencia an, wo wir noch eine Nacht verbringen.

27.12.2004 Confluencia, 3300m, bewölkt, 1150hm rauf, 20km, 9 Stunden

Früh aufstehen ist heute angesagt, wartet doch der lange Marsch ins Basislager Plaza de Mulas auf uns. Wir müssen durch das gesamte obere Horcones Tal. Über viele km zieht sich der Weg ohne nennenswerten Höhengewinn durch das breite, mit Kies und Sand bedeckte Trogtal hin. Ein kräftiger, kalter Gegenwind erschwert das Vorwärtskommen. Selten bietet sich die Gelegenheit einer windgeschützten Stelle hinter einem großen Stein. Die Vegetation nimmt auch immer weiter ab. Die letzten paar km, die beinahe die gesamte Steigung beinhalten verlangen uns das letzte ab. Nach 9 Stunden kommen wir ziemlich geschafft im Basislager auf 4350m an. Hier müssen wir uns auch wieder mit unseren Permits anmelden und bekommen auch gleich für nächsten Morgen einen Termin beim Lagerarzt zum Blutsauerstoffgehalt, Blutdruck und Puls messen um die Höhenakklimatisation zu checken. Weiterhin bekommt jeder von uns einen so genannten „shitbag“ für die größeren Geschäfte in den Hochlagern.
Unser gesamtes Equipment ist auch schon da, also müssen wir über eine Stunde erst Schutt und Steine beiseite räumen um halbwegs ebene und steinfreie Flächen für die Zelte zu bekommen. Die Höhe merkt man nun schon ziemlich. Es ist sehr anstrengend Steine zu schleppen und mit der geliehenen Spitzhacke zu hantieren, zumal wir einen sehr langen Tag hatten. Irgendwann stehen dann 3 Zelte, eines für Reini, Carmen und mich, eines für Karin und Egin und eines für unseren Proviant. Wir essen nach Sonnenuntergang, es ist schon empfindlich kalt.

28.12.2004 Plaza de Mulas, 4350m, Schneefall, 50hm rauf, 50hm runter, 2km

Letzte Nacht war es sehr windig. Wir haben alle nicht besonders gut geschlafen, die erste Nacht in dieser Höhe, das ist wohl normal. Morgens habe ich auch leichte Kopfschmerzen, die jedoch nach viel Tee und einem guten Frühstück wieder weg sind. Das Wetter ist schlecht, es schneit ständig bei mäßigem Wind, auf den Zelten liegt schon eine 5cm dicke Schneeschicht. Da die Ärzte heute Vormittag viel Andrang haben, verschieben wir den Termin auf Nachmittags.
Da das Wetter weiterhin ungemütlich bleibt gehen wir in das 20min entfernte Hotel Plaza de Mulas. Hier können wir für 10$ pro Person mal nach 4 Tagen heiß duschen - was für eine Wohltat, auch wenn sich in der Duschwanne anfangs eine dicke Eisschicht befindet.
Wir genießen die angenehme Atmosphäre zwischen den Wimpeln und Flaggen früherer Aconcagua Expeditionen und feiern meinen Geburtstag bei Tee, Plätzchen und Bier. Für 5$ kann ich auch per Satellitentelefon noch eine viertel Stunde mit daheim telefonieren.
Währenddessen schneit es weiter und überzieht die karge Landschaft mit einem weißen Zuckerguss.
Am späten Nachmittag gehen wir zum Doc. Alle außer mir haben zu hohen Blutdruck, wir sollen nicht so viel Salz zu uns nehmen. Dafür ist bei mir der Oxidationsgrad des Blutes nicht so prickelnd – 80% sollten es sein, bei mir sind es bloß 77%. Egin hat 80%, Reini 85%, Carmen 86% und Karin sogar 90%, ein Spitzenwert. Morgen werden wir wohl noch nicht ins erste Hochlager (Nido de Condores) steigen, da das Wetter nicht besonders viel versprechend aussieht. Später am Abend reißt die Wolkendecke auf und beschert uns einen wunderschönen Sonnenuntergang, die Westwand des Aconcagua leuchtet in allen Rottönen und über dem Gipfel thront eine Linsenförmige Wolke, ein Zeichen für starke Winde in den höheren Lagen.

29.12.2004 Plaza de Mulas, 4350m, wolkenlos, 1000hm rauf, 1000hm runter, 12km, 6h

Der viele Schnee ist schnell weg geschmolzen. Nach einem ausgiebigen Frühstück bei Sonnenschein machen wir uns auf den Weg Richtung Cerro Bonete, einem 5004m hohen Berg gegenüber des Aconcagua, der von vielen Bergsteigern zwecks besserer Akklimatisation bestiegen wird. Reini geht es gar nicht gut. Seine aus Deutschland verschleppte Erkältung macht ihm in dieser Höhe schwer zu schaffen. Er kommt nur sehr langsam voran. Ich fühle mich blendend und mache trotz der großen Höhe ca. 300hm pro Stunde. Nach knapp 3 Stunden stehe ich alleine auf dem Gipfel. Ich genieße die wunderschöne Aussicht, man kann beinahe den gesamten Weg zum Gipfel des Aconcagua von hier aus einsehen. Die anderen sind noch weit zurück. Als ich ihnen im Abstieg begegne sind sie nur zu dritt. Sie haben Reini 300hm tiefer zurückgelassen, er wollte nicht mehr weiter. Egin bittet mich ihn zwecks Motivation irgendwie zum Gipfel des Bonete zu bewegen. Als ich zu ihm komme pennt er in der wärmenden Sonne. Ich kann ihn überreden mit mir ohne Gepäck auf den Gipfel zu gehen. Also noch mal die 300 gerade abgestiegenen Höhenmeter bewältigen. Wir gehen sehr langsam. Nach ca. 2 Stunden treffen wir die anderen 3 auf dem Gipfel, wo sie auf uns gewartet haben. Der Abstieg geht ratz fatz, nach nur einer Stunde sind wir wieder im Hotel Plaza de Mulas, wo wir den Tag mit Kaffee und Plätzchen beschließen. Im Basislager ergibt ein Check beim Arzt nun auch bei mir die besseren Sauerstoffwerte, 86%, das passt.

30.12.2004 Plaza de Mulas, 4350m, wolkenlos, 1200hm rauf, 1200hm runter, 10km, 6,5h

Um 7 Uhr aufstehen, es ist noch bitterkalt, da die Sonne noch nicht ins Tal scheint. Wir müssen die Ausrüstung für den bevorstehenden Aufstieg ins 1. Hochlager vorbereiten. Jeder bekommt rund 25kg Gepäck in seinen Rucksack, um dreiviertel 10 geht es los. Reini bleibt zurück im Basislager, ihm geht es noch immer nicht besser. Im Moment ist es fraglich ob er in dem Zustand überhaupt über das Basislager hinaus kommt. Während dem Aufstieg bleiben wir ständig per Funk mit ihm in Kontakt um ihm von unserem Fortschritt zu berichten. Am Anfang schaffen Carmen und ich noch 300hm pro Stunde, wir müssen langsamer werden, sonst geht uns weiter oben noch die Luft aus. Egin und Karin kommen auch gut mit. Dieser Berg scheint kein Ende zu nehmen. Nach 5,5 Stunden haben Carmen und ich es geschafft, das Hochlager Nido Condores in 5550m Höhe ist erreicht. Die Luft ist hier merklich dünner als noch unten im Basislager, nach fast jedem Handgriff muss man sich kurz hinsetzen und Luft schnappen. Zelt aufbauen und Steine zur Befestigung schleppen kostet viel Kraft. Dafür steht das Zelt anschließend auch bombenfest. Eine Stunde dauert die Aktion, dann steigen wir wieder ab. Der weiche Geröllhang zum Basislager hin ist wie geschaffen für eine rasante Abfahrt. Die 1200hm schaffen wir in 45 Minuten, gerade rechtzeitig zu dem per Funk bei Reini georderten Tee. Wir genießen die wärmende Abendsonne, Carmen und ich gehen noch im Lagerpub etwas deftiges essen. Ciapattabrot mit Kalbschnitzel, Schinken, Käse und Ei, sehr lecker nach so einem anstrengenden Tag.
Wir beschließen morgen nicht wieder ins Hochlager aufzusteigen, lieber noch ein wenig ausruhen und Reini eine Chance geben um sich zu erholen. Abends gibt es noch Gutenachtgeschichten bei Kerzenschein und die schlechte Nachricht, dass im verfallenen Refugio Independencia auf 6400m zwei Bergsteiger festsitzen und vor Erschöpfung weder vor noch zurück können.

31.12.2004 Plaza de Mulas, 4350m, stark bewölkt, 50m rauf, 50m runter, 2km

Letzte Nacht war es bei starkem Wind und Graupelschauern ungewöhnlich warm. Ich habe bestens geschlafen. Bei dem Wetter ist die Motivation etwas zu unternehmen nahe Null, dementsprechend liegen wir bis 10 Uhr faul in unseren Schlafsäcken. Anschließend pilgern wir wieder zum Hotel um dort Hamburger mit Tomaten zu frühstücken. Ein wenig Luxus muss sein. Mehrere Stunden verbringen wir mit lesen, schreiben und Grübeln über den weiteren Ablauf unserer Tour. Das Wetter ist sehr wechselhaft. Reini geht es noch immer nicht besser, das drückt die Stimmung. Ein großer Traum würde sich in nichts auflösen. Morgen muss es endlich weiter gehen, hoffentlich bekommen wir ein günstiges Wetterfenster.
Vom Hotel zurück fangen wir an unsere Sachen für den endgültigen Umzug in die Hochlager zu packen. Um Gewicht einzusparen gehen wir doch anders als vorher geplant schon ab hier in den ungemütlichen Schalenschuhen. Weiterhin nehmen wir noch ein 3. Zelt mit um oben flexibler zu sein. Reini war noch mal beim Arzt. Der hat nichts gravierendes feststellen können. Die beiden Ärzte, nette junge Kerle, die uns einen Hausbesuch inkl. Rotwein abstatten meinen er könnte es morgen zumindest versuchen ins erste Hochlager zu gehen.
Nun liegen wir in den warmen Schlafsäcken und diskutieren über Gott und die Welt, bis uns Böller und Raketen daran erinnern dass das neue Jahr angebrochen ist.

01.01.2005 Plaza de Mulas, 4350m, wolkig, 1200hm rauf, 5km, 5h20min

Nach einer super durchgeschlafenen Nacht steht uns heute wieder der lange Marsch ins erst Hochlager bevor, hoffentlich das letzte Mal. Wieder voll bepackt brechen wir inkl. Reini um 10:45 auf. Carmen und ich gehen wieder sehr gut und erreichen das Hochlager schon nach 5 Stunden und 20 Minuten. Wir machen uns gleich daran und dichten die Windseite von unserem Zelt mit Steinen und Schnee ab, um in der Apsis eine kleine Windgeschützte Küche einrichten zu können. Ich hole von weit her einen Plastiksack voll Schnee (don’t eat yellow snow!), unsere Wasserversorgung für die nächsten Tage. Wir fangen auch gleich an den Schnee zu schmelzen und Tee zu kochen. So viel wie möglich trinken ist hier oben einfach erstes Gebot. Ich fange an mir Sorgen zu machen, wir hantieren schon seit 2 Stunden rum und die anderen 3 sind noch immer nicht aufgetaucht. Eine halbe Stunde später erscheint Karin und meint Egin und Reini würden sich nicht so gut fühlen und ich sollte ihnen entgegen gehen. Zum Glück sind die beiden nicht mehr allzu weit unten, so dass ich ihnen beim Tragen der Rucksäcke helfen kann.
Einen Teil des Gepäcks haben sie ca. 250hm weiter unten liegen gelassen, das werden wir morgen holen müssen.

02.01.2005 Nido de Condores, wolkenlos, 5550m, 250hm rauf, 250hm runter, 2 Stunden

Reini, Egin und ich holen das am Cambio de Pendiente hinterlegte Gepäck. Die Prozedur überanstrengt mich etwas und Nachmittags fühle ich mich so schlecht wie noch nie auf dieser Tour. Die schlecht durchgeschlafene Nacht macht sich mit Kopfschmerzen und Müdigkeit bemerkbar. Letzte Nacht waren draußen bestimmt -18°C, im Zelt -8°C, zudem steht das Zelt total schief. Ich verbringe den größten Teil des Tages mit dösen und viel Trinken. Da es Egin auch nicht besonders gut geht will er noch einmal ins Basislager absteigen, was uns weitere mind. 2 Tage kosten würde. Wir besprechen die Lage. Carmen und ich wollen nicht mehr so viele Wege gehen, es geht alles ziemlich an die Substanz, wir sind nun schon 9 Tage am Berg. Das Wetter könnte nicht besser sein. Morgen steigen wir ins 2. Hochlager Berlin und übermorgen wenn alles glatt geht auf den Gipfel.

03.01.2005 Nido de Condores, wolkenlos, 5550m, 400hm rauf, 2,5 Stunden

Heute gehen nun doch alle ins Hochlager Berlin 5950m. Carmen und ich nehmen die komplette Ausrüstung mit, da wir am nächsten Morgen einen Gipfelversuch wagen wollen. Auf dem Weg ins Berlin begegnen wir einem Amerikaner, der heute Morgen in Camp Canada gestartet ist und schon ziemlich am Ende ist. Sein Trinksystem ist eingefroren und er hat wohl schon seit längerer Zeit nichts mehr trinken können. Er meint er ist sehr sehr müde, muss alle 100m stehen bleiben und eine viertel Stunde rasten. Ich rate ihm wieder abzusteigen, da er noch nicht ausreichend akklimatisiert ist. Nach langem Zögern befolgt er den Rat und steigt ab. Berlin ist ziemlich überfüllt und eine Riesenkloake, trotzdem ist es toll so über der Welt zu sein, immerhin knapp 6000m hoch. Wir kommen dank unserer guten Akklimatisation sehr schnell hoch. Reini, Egin und Karin helfen uns das Zelt aufzubauen und gehen anschließend wieder zum Nido runter. Die restlichen 5 Stunden des Tages verbringen wir mit Schneeschmelzen und Kochen. Der Sonnenuntergang in dieser Höhe ist grandios. Ich mache viele Fotos, fühle mich trotz der großen Höhe sehr wohl. Die warmen Getränke und die Klamotten für den Gipfelsturm nehmen wir mit in unsere Schlafsäcke.

04.01.2005 Berlin, wolkenlos, 5950m, 550m rauf, 2200 runter, -18°C, 8 Stunden

Wegen der großen Höhe haben wir mehr schlecht als recht geschlafen. 4 Uhr klingelt der Wecker und das mühsame Vielschichten Anziehen dauert eine Stunde. Draußen weht ein kräftiger Wind. In der Nacht hat man das Brausen des Windes in höheren Lagen hören können. 5 Uhr gehen wir noch im Dunkeln los. Die Kälte treibt uns an, trotz Dunkelheit kommen wir recht zügig voran, nur der Wind macht uns schwer zu schaffen. Unsere Füße wollen nicht auftauen, besonders Carmen hat damit größere Schwierigkeiten. In ca. 6300m nimmt der Wind noch an Stärke zu und Carmen schafft es nicht mehr auf den Füßen zu bleiben, der Wind wirft sie alle 10 Schritte um. Es ist immer sehr mühsam sich dann wieder aufzurappeln. Trotz allem, der Sonnenaufgang ist grandios, erst tauchen nur die höchsten, über 6500m hohen Gipfel in die ersten Sonnenstrahlen, dann projiziert die Sonne den Aconcaguaschatten über zig Kilometer nach Chile. Carme will aufgeben, sie hat große Angst um ihre Zehen und dem Wind kann sie nichts mehr entgegensetzen. Sie geht zurück. Ich kämpfe mich bis Independencia, einem verfallenen Bretterverhau auf 6450m durch. Dort treffe ich auch unseren Zeltnachbaren aus dem Basislager, Walter, ein Sportlehrer aus Österreich. Ich spiele auch schon mit dem Gedanken aufzugeben, aber Walter motiviert mich und zieht mich mit bis auf 6500m zum El Degeto, einer markanten Felsformation mitten in der Querung zur Canaleta. Die Querung hat es in sich, hier kann auch ich dem Wind kaum noch standhalten, der Windchill beträgt hier beinahe schon 40° unter Null. Der El Degeto bietet uns ein wenig Windschutz, hier treffe ich die Entscheidung abzusteigen. Ganze 450hm und knappe 4 Stunden Gehzeit fehlen noch zum Gipfel. Walter, der vor 15 Jahren schon einmal am Aconcagua gescheitert ist geht weiter. Er wird den Gipfel erreichen.
Der Gipfel ist passe, denn ist mal die Entscheidung im Kopf getroffen ist es, als würde man einen Schalter umlegen, ich will nur noch runter vom Berg. Um 10 bin ich schon wieder zurück in Berlin, Carmen ist schon weiter gezogen. Ich packe mein Zeug ein, Zelt und Kocher lasse ich da für Reini und Egin. Ich steige weiter ab bis ins Nido, dort treffe ich Reini und Egin, die sich bereit machen für ihren Aufstieg ins Berlin. Die Frage ob ich es nicht mit ihnen doch noch einmal versuchen will verneine ich, kein Bock mehr und auch keine Energie. Aus Nido nehme ich auch noch ein paar Sachen mit, die ins Basislager müssen. Voll gepackt wie ein Lastesel steige ich auch die restlichen 1200m bis ins Plaza de Mulas ab, das gibt mir den Rest, unten bin ich ziemlich ausgelaugt. Carmen erwartet mich mit einem kühlen Bier. Wir gratulieren uns zu dem erreichten und später Abends feiern wir bei einer Buddel Rotwein.

05.01.2005 Plaza de Mulas, wolkenlos 4350m, 1600hm runter, 30km, 6,5 Stunden

Letzte Nacht habe ich nach all den Anstrengungen geschlafen wie ein Bär im Winterschlaf. Walter ist inzwischen auch vom Nido abgestiegen. Wie schon vermutet hat er den Gipfel erreicht. Ein bisschen weniger Wind und ich würde mich auch zu der handvoll Leute zählen, die gestern den Gipfel bestiegen haben. Egin und Reini haben heute noch ihre Chance. Carmen und ich beschließen ganz abzusteigen, Karin will auf Reini und Egin warten. Mittags geben wir 58kg Gepäck zum Abtransport per Muli ab. Um 12:15 Uhr laufen wir mit minimalem Gepäck los. Ein 30km nicht enden wollender Hatscher bis Horcones, dem Parkeingang. Wir genießen noch einmal die karge und farbenfrohe Landschaft des oberen Horconestales und freuen uns über das erste grün und die ersten Wiesen, die ab 3500m wieder gedeihen. Vorbei an Confluencia, noch einmal einen Blick auf die mächtige Südwand werfen, kurz vor 19:00 Uhr kommen wir fast zeitgleich mit Walter am Parkeingang in Horcones an. Wir checken aus, Marcos der Fahrer von Los Puquios holt uns ab, wir holen unser gesamtes Gepäck bei der Mulistation und werden wieder ins altbekannte Cruz de Cana nach Penitentes gebracht, wo wir uns einquartieren. Viele Expeditionen sind hier und haben die ganzen Strapazen noch vor sich. Es geht zu wie im Ameisenhaufen, alle Leute packen und sortieren und man weiß nicht wo man hintreten soll vor lauter Ausrüstung, die überall herumliegt. Wir 3 machen es uns gemütlich und gönnen uns erst einmal ein opulentes Abendessen mit Salat, Pasta, Rotwein und Bier. Anschließend fallen wir ins Bett und schlafen trotz weiterer 4 Bergsteiger im Zimmer wie Stein.

06.01.2005 Penitentes, wolkenlos, 2750m, 30°C, 10km, 2 Stunden

Gestern Abend waren wir zum Duschen zu faul und müde. Heute Morgen gibt es endlich das heiß ersehnte Nass und anschließend Frühstück. Walther erzählt viel von seinen vorangegangenen Expeditionen. Cho Oyu, Gasherbrum II, Alpamayo, McKinley und viele andere hat er mit seinen 54 Jahren schon bestiegen. Heute fährt er weiter nach Santiago um von dort den Nachtbus nach Copiapo zu nehmen, Ausgangspunkt für den 2.-höchsten Berg Amerikas, den Ojos de Salado 6890m hoch. Gut akklimatisiert vom Aconcagua sollte der Berg ihm keine große Schwierigkeiten bereiten.
Wir packen um und ziehen aus dem Massenlager in ein gemütlicheres Zimmer unter dem Dach. Anschließend schreiben wir Postkarten bis die Finger rauchen. Ein Telefonat nach Deutschland scheitert da das Telefono publico nicht will. Später bei einem Spaziergang entdecken wir noch ein Telefon in einem nobleren Hotel, mit dem es uns dann doch gelingt nach DE zu telefonieren.
Nachdem wir in Cruz de Cana zurück sind halten wir bis 19 Uhr Siesta, bei der großen Hitze lässt sich eh nichts anderes unternehmen. Dann beschließen wir dem 8km entfernten Cemeterio de los Andinistas (Bergsteigerfriedhof) einen Besuch ab zu statten. Dort ist es sehr stil und friedlich, viele Bergsteiger aus der ganzen Welt, die ihr Leben an den verschiedensten Plätzen in den Anden gelassen haben, liegen hier begraben.
Anschließend gehen wir auf der Straße wieder zurück. Die vielen Trucks, die hier die Anden zw. Chile und Argentinien überqueren, fahren sehr rücksichtslos und nah an einem vorbei, das Gehen macht keinen Spaß. Zum Glück kommt wenig später Marcos von Los Puquios vorbei, erkennt uns, und nimmt uns mit bis Pnitentes.
Heute Abend gibt es Barbequeue, das Omar der Koch lecker zubereitet. Zu dritt, Carmen, Marcos und ich machen wir uns einen gemütlichen Abend und plaudern bei viel Bier bis Mitternacht. Marcos ist der Fahrer und Mädchen für alles von Rudy Parra, unserem Serviceprovider am Aconcagua. Es macht Spaß sich mit ihm zu unterhalten, da er sich für sehr viel interessiert und wohl auch recht intelligent ist. Er ist 26 Jahr alt, hatte einen Bürojob in Buenos Aires, den er irgendwann satt hatte. Während der Bergsaison von Nov. bis Feb. ist er hier in Los Puquios und im Winter meistens in Mendoza, wo er mit behinderten Kindern arbeitet.

07.01.2005 Penitentes, 2750m, wolkenlos, heiß

Wir schlafen lange aus. Wieder duschen bis einem beinahe Schwimmhäute wachsen. Wir frühstücken lange und feiern draußen im Schatten schon vormittags bei viel Sekt Carmens Geburtstag. Hoffentlich kommen die anderen 3 heute vom Berg. Dieses Kaff ist tot, hier kann man absolut nichts unternehmen, zumal die Hitze ab 11 Uhr Vormittags unerträglich wird. Den ganzen Nachmittag pennen.
Abends sitzen wir beim Abendessen, endlich 22 Uhr erscheinen sie, total abgekämpft, Reini und Egin haben den Gipfel tatsächlich am 5. Januar erreicht. Sie sind wegen der Kälte erst gegen 7 Uhr Morgens losgegangen und haben 15 Uhr den Gipfel erreicht. Ein tolles Ergebnis für uns alle. Danach haben sie noch einmal in Berlin übernachtet und sind am 6. ins Basislager abgestiegen.
Wir sitzen noch bis tief in die Nacht und plaudern. Lernen noch eine Elli, eine Bergführerfrau aus den USA kennen, die seit 4 Jahren schon die Südsaison auf dem Aconcagua verbringt und ihre Klienten zum Gipfel führt. Sie arbeitet für eine kleine Trekkingagentur. Im Nordsommer ist sie am McKinley unterwegs. Für den Bus nach Santiago können wir leider keine Tickets mehr besorgen.

08.01.2005 Penitentes, 2750m, wolkenlos, heiß

Heute wird schon um 8 gefrühstückt. Die netten Leute vom Cruz de Cana kümmern sich darum, dass wir vielleicht doch noch eine Mitfahrgelegenheit nach Santiago erhalten. Den ganzen Tag warten wir auf den versprochenen Bus, er erscheint nicht. Ein anderer erscheint kurz, will einen horrenden Betrag von 35$ pro Person und meint er kommt in einer halben Stunde wieder, danach haben wir ihn nicht mehr gesehen. Inzwischen sind 5 Stunden vergangen, haben schon den Bus für morgen reserviert, d.h. noch ein Tag Verlust.
Später kommt noch ein kleiner Bus vorbei, der meint uns bis Mendoza mitzunehmen und von dort könnten wir dann wiederum nach Santiago fahren, ein Umweg von über 300km. Egal, wir fahren allesamt nach Mendoza. Haben den Nachmittag eh bei Vodka pur gefeiert, sind gut gelaunt und singen dem Busfahrer die gesamte Fahrt über Ständchen. Gegen Mitternacht kommen wir auf dem Busbahnhof von Mendoza an, kümmern uns auch gleich um eine Weiterfahrt, leider ist nichts mehr zu bekommen, alles ist schon ausgebucht. Pech, wir müssen uns Fahrkarten für morgen Früh besorgen. Normalerweise kostet eine Karte 45 Pesos, umgerechnet 8$ pro Person. Wir müssen wegen dem vielen Gepäk eine mehr kaufen. Anschließend fahren wir ins Life House Hostel, wo wir erst mal unser Gepäck deponieren. Obwohl schon Mitternacht sind noch immer 35°C. Wir gehen noch Essen. Da Samstag ist pulsiert trotz der späten Stunde noch die ganze Stadt, überall Leute unterwegs. Wir essen in einem Straßencafe, super lecker, Argentinisches Rindersteak mit Salaten, Wein usw... 2 Uhr fallen wir endlich ins Bett.

09.01.2005 Mendoza, bewölkt, kühl

Es hat heftig gewittert, die Temperatur ist angenehm kühl. Es war eine kurze Nacht, um 8 müssen wir aufstehen, um unseren Bus, der 9:30 Uhr fährt nicht zu verpassen. Wir fahren mit 2 Taxen, Karin und Egin kommen noch mit, um sich von uns zu verabschieden. Auf dem Busbahnhof beäugt der Agent vom Busunternehmen unser Gepäck misstrauisch. Eis ist sehr viel, 8 riesige Gepäckstücke für 3 Leute. Als dann der Busfahrer aufkreuzt müssen wir doch noch eine zusätzliche Karte kaufen, so kann man auch Geld verdienen, wir sind ja schließlich Touristen ;-).
Die Verabschiedung von Karin und Egin fällt beiderseits nicht leicht. Es war sehr schön mit den beiden unterwegs zu sein. Wir hatten viele tolle Erlebnisse und viele spannende Gespräche zusammen. Sie setzen in den nächsten Tagen ihre Weltreise fort, zu den Iguazu Wasserfällen, nach Feuerland und Patagonien.
Wir fahren die Strecke von gestern wieder zurück Richtung Chile, an Penitentes und dem Aconcagua vorbei über die Grenze bei Paso de los Libertadores. Die Abfertigung ist kompliziert und langwierig. Nach 2 Stunden ist sämtliches Gepäck durchleuchtet und der Papierkram erledigt. Es geht weiter, die 30 Spitzkehren wieder herunter in die drückende Hitze des Tieflandes.
In Santiago bringt uns der Busfahrer bis ins Hostal Chile. Hier organisieren wir uns für morgen einen günstigen Mietwagen, der in den nächsten vier Tagen für unsere Mobilität sorgen soll. Die 140$ sind auf jeden Fall gut angelegt.
Abends fahren wir mit der neuen, hochmodernen Santiagoer Metro an das andere Ender der Stadt zur größten Shoppingmall Chiles, wo fotografieren verboten ist, worauf Ranger uns 2 mal aufmerksam machen. Wir bummeln, genießen den Trubel, gehen essen.
Den Abend lassen wir bei Bier und Billard ausklingen.

10.01.2005 Santiago, wolkenlos, 35°C

Wir gehen noch schnell los unsere Postkarten aufgeben, Geld wechseln und noch ein paar Geschenke für daheim besorgen. Es ist mal wieder sehr heiß. Gegen 12:30 wird endlich unser Mietwagen, ein Chevrolet Corsa zum Hotel geliefert. Endlich können wir ein wenig unabhängig durch die Gegend fahren. Wir packen nur das nötigste ein, den Rest lassen wir im Hotel du düsen los Richtung Küste. Zu unserem Leidwesen hat das Auto kein Klimaanlage und den Weg aus Santiago heraus zu finden ist auch gar nicht so einfach. Später auf der Autobahn kommen wir schnell voran, sind auch bald in Valparaiso und Vina del Mar. Sehen und riechen den Pazifik. Wir bleiben immer mal wieder stehen um an den Strand zu gehen. Hier in den beiden Großstädten, Hauptsommerurlaubsziele vieler Chilenen und Argentinier ist es sehr überlaufen. Wir fahren an der Küste weiter gen Norden, halten an einem Obststand, kaufen Melonen ein. Spätnachmittag sind wir dann in Zapallar, einem kleinen, schnieken Örtchen an einer Bucht. Hier residieren die Reichen. Eine mediteran anmutende Villa reiht sich an die nächste. Prachtvolle und gepflegte Gärten säumen den sauberen Strand. Parken kostet hier so viel wie bei uns 1,50$ / Stunde. Auf Dauer ist uns das auch zu teuer, wir fahren ein Stück zurück und lassen uns auf dem Campingplatz bei Laguna nieder. Angenehm ist es hier, fast nichts los, zum Abkühlen gibt es einen Pool. Im Pazifik plantschen nur ein paar Kinder. Wir hängen auch nur unsere Füße rein, der aus der Antarktis kommende Humboldtstrom sorgt für niedrige Wassertemperaturen. Abends gehen wir in ein Fischrestaurant und genießen ein leckeres Abendessen. Ein nächtlicher Strandbesuch beschert uns noch nasse Schuhe und Klamotten, man sollte die Wellen doch besser nicht unterschätzen.

11.01.2005 Laguna, wolkenlos, 30°C

Bis halb 11 schlafen wir heute aus, anschließend im Pool baden, Melone essen und weiter dösen. Später fahren wir an einen einsameren Strand mit viel Muschelkalk und Steinen. Da meine Schuhe gestern Abend noch nass waren habe ich sie beim Zeltplatz gelassen. Das rächt sich jetzt. Ich verbrenne mir im heißen Sand gehörig die Fußsohlen. Wir sehen Kindern zu, die nach Seesternen, Quallen, Austern und sonstigem Seegetier schnorcheln.
Später wird es uns doch zu heiß. Wir fahren noch kurz einkaufen um dann auf dem Campingplatz zu Abend zu essen.

12.01.2005 Laguna, wolkenlos, 30°C

Lange ausschlafen um dann festzustellen, dass wir uns gestern alle drein einen deftigen Sonnenbrand geholt haben. Jede Bewegung schmerzt.
Reini hat sich schon bald mit unseren Zeltnachbaren, einer chilenischen Familie mit 2 Kindern angefreundet. Sie bringen ihm spanisch bei, er ihnen deutsch. Da wir nicht mehr viel zum Frühstücken haben können wir uns an ihrem Kaffe, Butter und Brot schadhaft halten.
Gegen Mittag verabschieden wir uns und fahren Richtung Norden. Am Strand gehen wir wegen unseren Sonnenbränden nur noch ganz kurz in Papudo, dann fahren wir ins Landesinnere. Wir fahren absichtlich eine abgelegene Dorfstrecke um auch etwas vom Land zu sehen. Viele Dörfer sind ärmlich, es ist sehr trocken und heiß. Wir schauen uns riesige Kakteen an, die es hier in Massen gibt. Gegen 5 wälzen wir uns schon wieder durch den dichten Stadtverkehr Santiagos. Die Hauptstraße ist gesperrt, so dass wir viele Umwege in Kauf nehmen müssen, bis wir endlich wieder im Hostal Chile ankommen.

13.01.2005 Santiago, wolkenlos, sehr heiß

Unser letzter Tag ist angebrochen. Wir fahren noch einmal los um uns den Finanzdistrikt Los Condes und seine Skyline anzuschauen. Danach gehen Carmen und Reini noch shoppen. Packen, packen, packen.
Wir fahren zum Flughafen, den wir problemlos finden. Die Autoübergabe klappt reibungslos.
Wer hätte es gedacht, wie es angefangen hat, hört es auf, Egins grüner Rucksack macht uns wieder Schwierigkeiten. Als 3. Gepäckstück soll der Transport 100$ zusätzlich kosten. Alles Reden hilft nicht, wir müssen mal wieder in den sauren Apfel beißen. Zu allem Überfluss wird auch noch mein Boarding Pass auf Reinis Namen auf denselben Sitzplatz ausgestellt. Das Problem löst sich aber schnell.
In der Dunkelheit fliegen wir los und verlassen ein Lichtermeer.

Unser Zwischenaufenthalt von immerhin 12 Stunden in Atlanta (USA) ist recht langweilig. Die Stadt hat nicht viel zu bieten. Wir schauen uns das Coca Cola Museum an.

Am 14. Januar morgens sind wir wieder zu Hause.